Helene Stöcker Gesellschaft e.V.  
Bund für ethische und philosophische Allgemeinbildung     
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Bestellen Sie das Buch über Helene Stöcker "Philosophin der Liebe" 
von Annegret Stopczyk-Pfundstein

Es ist das einzige Werk, in dem Stöckers Philosophie mit vielen Zitaten dargestellt wird.



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Letzter Tagungsprogramm 14.-16..November 2008      
  
Thema: Die Philosophietradition einer Kriegergesellschaft leitet uns. Welche Philosophie passt zu einer Friedensgesellschaft?

Ab Winter 2009 wird diese Gesellschaft als Verein aufgelöst und als freie Initiative in der Führung von Dr. Annegret Stopczyk weiter geführt.


Zum 130. Geburtstag der Philosophin Helene Stöcker gründeten wir am 13.November 1999 mit Sitz in Berlin die  
Helene-Stöcker-Gesellschaft e.V.
Bund für ethische und philosophische Allgemeinbildung

Adresse: Dr.A. Stopczyk-Pfundstein, Belaustr. 14 b, 70195 Stuttgart          
Vorsitzende: Dr. Annegret Stopczyk-Pfundstein (Philosophin, Autorin), Stellvertretende Vorsitzende: Heidi Menge (Sozialarbeiterin FH), Schatzmeisterin: Barbara Deseife-Mitchell ( Kultur- und Philosophieorganisation), Schriftführer: Dr. Matthias Pfundstein (Softwareentwickler und Physiker)


Erstmalig gibt es nun eine philosophische Gesellschaft mit einer Frau als Leitbild. Das Besondere an dieser Gesellschaft ist, daß wie vor fast 100 Jahren Männer und Frauen gemeinsam sich mit der Geschlechterethik und  Geschlechterpolitik befassen und das Denken von philosophierenden Frauen verbreiten möchten.

Die Helene-Stöcker-Gesellschaft veranstaltet jedes Jahr das Wochenende nach oder an Helene Stöckers Geburtstag (13.November) eine Tagung. Die Themen bisher waren: 2000 "Brauchen wir eine neuen Ethik?" .  2001  "Liebe Nähe Haß" . 2002 "Unsere Werte?"  . 2003 "Weibliche Ethik - Mythos oder Wirklichkeit?" . 2004 "Körperpolitik und Leibphilosophie" 2005 . "Wie unser Erleben Gehirn und Gene beeinflusst". 2006 "Ich will verstehen - Politik und Philosophie - ein Spannungsverhältnis. Zum 100.Geburtstag von Hannah Arendt" . 2007 Wie Philosophie Lebenskraft geben kann – Resilienzforschung.  

(Drei Veranstaltungen in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung Baden Würtemberg)

Vortragende waren: Prof. Dr. Gernot Böhme (Philosoph),  Dr. Carol Diethe (Philosophin aus England), Anneliese Palavan (Rentnerin),Prof. Dr. Peter Raabe (Philosoph aus Kanada), Marit Rullmann (Philosophin), Marie-Luise Schwarz-Schilling (Unternehmerin), Dr. Annegret Stopczyk-Pfundstein (Philosophin), Christina Stopczyk-Eggerglüß (Kommunikationstrainerin), Freddy Tellez (Philosoph aus Columbien/Schweiz), Prof. Dr. Richard Shusterman (USA), Dr. Monika Hauser (Medica Mediale Köln), Sophie Behr (Schriftstellerin), Safeta Obhodjas (Schriftstellerin deutsch/Bosnien), Dr. Frieder Lauxmann (Philosoph).  Künstlerinnen begleiteten musikalisch, schauspielerisch und  bildhauerisch die Tagungen: Evelyn Förster (Berlin) sang Chansons aus der Zeit 1900-1933; Cornelia Hagen (Berlin) spielte Klavierstücke von Komponistinnen; Die Berliner Kletzmer-Schicksen sangen Lieder zu Lebensfragen aus jüdischer Sicht. Sabine Habermann (Stuttgart) modellierte mit Teilnehmenden Leibformen, Hanna Kottas (Hamburg) brachte die "Vaginadialoge" auf die Bühne.

Auf den Tagungen geht es darum, einerseits Gedanken zum Thema von Forschenden kennenzulernen, aber auch darum, selber zum Thema zu denken und sich gezielt mit den anderen Teilnehmenden auszutauschen. Insofern ist solch eine Tagung auch dazu da, etwas über sich selber zu erkennen und andere kennenzulernen.


Ganz unten auf der Site finden Sie Texte von Helene Stöcker, die hiermit erstmalig wieder  veröffentlicht sind.

Sie finden im Folgenden Text Informationen

Der Zweck des Vereins orientiert sich in seinen Aufgaben am Werk von Helene Stöcker (1869-1943). Sie war parteilose Philosophin, Sexualreformerin, Frauenrechtlerin und Friedensethikerin und mußte 1933 vor den Nazis ins Exil fliehen.Ihre thematischen Schwerpunkte sind: Eine "Neue Ethik", Mütterpolitik, Kulturphilosophie, Geschlechterethik, Friedensarbeit, die Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen in allen Berufs- und Lebensbereichen.
  • Die Ziele unserer Vereinsaufgaben betreffen
  • philosophische und ethische Allgemeinbildung
  • Verbreitung der Gedanken von philosophierenden Frauen
  • Erforschung von Leben und Werk Helene Stöckers

Dafür veranstalten wir selber verschiedene Bildungsangebote.

Die Helene-Stöcker-Gesellschaft e.V. ist wie um die Jahrhundertwende eine Vereinigung von Männern und Frauen, die gemeinsam nach einem neuen "Bund" jenseits der Geschlechterhierarchie suchen. Was Helene Stöcker in ihrer "Neuen Ethik" als "Zukunft der Liebe" neu anvisierte, ist noch längst nicht verwirklicht und benötigt eine ethische Bewegung, die Lehren aus dem Jahrhundert der Weltkriege zu ziehen versteht.

Helene Stöcker

Am 13.November 1999 ist die erste promovierte Philosophin Deutschlands 130 Jahre alt geworden. Wegen der Qualität eines Referates, das sie im Seminar von Wilhelm Dilthey 1897 an der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität (jetzt Humboldt-Universität) hielt, forderte sie Dilthey dazu  auf, ihm als Privatassistentin beim Sortieren des Schleiermacher-Nachlasses behilflich zu sein. Damit durchbrach Dilthey die frauenfeindliche Phalanx an der Berliner Universität, und verhalf einer   philosophisch hochbegabten Frau zur Nähe der von ihr begehrten akademischen Philosophiestudien.

In Berlin durften Frauen erst ab 1908 offiziell studieren, aber seit 1895 gab es für besonders hartnäckige Antragsschreiberinnen die Möglichkeit, Gasthörerin bei Professoren zu sein, die die Anwesenheit von Damen in ihrem Hörsaal erlaubten. Es war eine Minderheit. Das Berliner Bildungsministerium hat schließlich das Frauenstudium gegen die Mehrheit der Professoren durchgesetzt.

Helene Stöcker durfte auch aktiv, und nicht nur als Zuhörerin, bei Georg Simmel studieren. Auf Empfehlung des Literaturhistorikers Erich Schmidt promovierte sie schließlich 1901 in Bern bei seinem Schüler Oskar Walzel zum Thema:
Zur Kunstanschauung des XVIII.Jahrhunderts. Von Winckelmann bis Wackenroder.

Da es institutionsorganisatorisch weder in Deutschland noch in der Schweiz eine Möglichkeit für sie gab, bei einem Philosophieprofessor zu promovieren, ließ sie sich auf ein kulturästhetisches Thema ein, das ihr vorgegeben wurde.

Von 1901 bis 1905 war sie Dozentin an der neu gegründeten privaten Lessing-Hochschule in Berlin, wo auch Lise Meithner und Albert Einstein lehrten. Sie führte in die Philosophie von Nietzsche ein und trug ihre Studien zur Moral in der Frühromantik vor. Dabei berücksichtigte sie besonders auch die Frauen der Romantik. Diese Manuskripte sind
kriegsbedingt verloren gegangen.

Helene Stöcker unterstützte Elisabeth Förster-Nietzsche beim Aufbau eines Nietzsche-Archivs und bei der Suche nach Professoren, die bereit wären, Nietzsches Arbeit an den Universitäten einzuführen. In Ihrer nicht veröffentlichten Autobiographie beklagt sie die Ignoranz der akademischen Philosophen um die Jahrhundertwende und das Leid, das die unstudierte Schwester des Nietzsche zu ertragen hatte, weil sie fachlich kaum in der Lage war, das Material zu sortieren und heraus zu geben. Noch in einem ihrer letzten Aufsätze versucht Helene Stöcker 1938 den Rezeptionsstreit um das Nietzsche-Werk zu befrieden.

Da es Helene Stöcker aus patriarchalen historischen Gründen nicht möglich war, ein ruhiges forschenden Dasein als Philosophieprofessorin zu leben, kämpfte sie Zeit ihres Lebens politisch und als Autorin für die Freiheit der Wahl in einem Frauenleben. Die Frau sollte idealerweise Mutter, Geliebte und Gelehrte gleichzeitig sein können. Sie verwahrte sich gegen jegliche Einschränkung auf ein bestimmtes Frauenleben. Damit setzte sie sich zwischen alle Stühle. Die bürgerliche Frauenbewegung beschimpfte sie als unsittliche Philosophin der freien Liebe.

Helene Stöcker gründete 1905 mit anderen Sexualreformerinnen und -reformern den "Bund für Mutterschutz" und gab bis 1933 ihre Zeitschrift "Die neue Generation" heraus. In dieser Zeitschrift wurden alle gesellschaftlich relevanten Themen philosophisch, ökonomisch, literarisch, medizinisch oder psychologisch erörtert. Siegmund Freud schrieb darin, Bertha von Suttner, Ludwig Quidde, Rosa Mayreder, Kurt Tucholsky, Alexandra Kollontai, Gerhard Hauptmann, Ricarda Huch, Hedwig Dohm, Lily Braun, Kurt Breysing, Lou Andreas-Salomè, Alexander Forel, Karen Horney, Käte Schirmacher und viele andere Autorinnen und Autoren, die sich um Reformen bemühten.

Helene Stöcker begründete die "Neue Ethik", die zum theoretischen Hintergrund der sexuellen Reformbewegung gehörte.
Diese Konzeption einer Ethik muß aus ihren etwa 400 Veröffentlichungen, meistens Aufsätze, rekonstruiert werden.
Ihr philosophischer Roman mit dem Titel "Liebe" erschien ab 1922 in mehreren hohen Auflagen.

Obwohl sie als Gründerin der radikalen Frauenbewegung gilt, arbeitete sie im Unterschied zur herrschenden Frauenbewegung in ihrem Bund mit Männern zusammen. Sie wehrte jede Geschlechtertrennung ab. Insofern kann sie nicht als Feministin bezeichnet werden, sondern sie bezeichnete sich selber als Philosophin und Sexualreformerin.

Die "Neue Ethik" von Helene Stöcker läßt sich in zwei Hauptstränge einteilen. Bis zum ersten Weltkrieg ging es um eine Umwandlung der Geschlechterliebe, die sich löst von der Lebens-und Leibfeindlichkeit der christlichen Kirchenlehren. Hierbei versteht Stöcker unter "Liebe" nicht lediglich "freie Sexualität", wie damals fälschlich rezipiert wurde, sondern eine "seelisch-geistige" Verbindungsentwicklung, die zwei Persönlichkeiten eingehen können. Um aber "Persönlichkeit" zu sein, ist Selbsterziehung nach bestimmten philosophischen Idealen notwendig, die sie aus den Schriften von Nietzsche entlehnt und aus der Frühromantik ableitet. Dabei schwebte sie durchaus nicht in verklärenden Höhen, sondern bewirkt auch politisch durch ihren Bund Gesetzesänderungen zugunsten eines selbstbestimmteren Frauenlebens, besonders auch der alleinstehenden Mutter. Auch für die "neuen Männer" entwickelte sie Theorien und prägte den Begriff "Männerbewegung". Ihre Gedanken waren maßgeblich für die Sexualreformen nach der russischen Revolution in Rußland.
Alexandra Kollontai, die neben Lenin die Revolution anführte, brachte die "Neue Moral" ein, nach der auch alleinstehende Mütter durch staatliche Versicherungen geschützt wären.

Helene Stöcker heiratete aus Prinzip nicht gesetzlich, lebte aber in "freier Ehe" mit dem Rechtsanwalt Brunhold Sringer, der sich für ihre "Neue Ethik" einsetzte und selber entgegen der Naziideologie eine Kulturbiologie entwickelte, nach die Vermischung der Rassen erst Genialität hervor bringe. 

Helene Stöcker bedauerte bis an ihr Lebensende, daß sie kein Kind geboren hatte, verstand sich aber im sozialen Sinne bewußt als Frau mit mütterlichen Qualitäten.

Mit dem ersten Weltkrieg zerbrach die "alte heile Welt", wie sie in ihrer Autobiographie schreibt. Nun erweiterte sie ihre "Neue Ethik" um die Dimension des Friedens und des Rechtes auf Leben für alle Menschen. Es ging nicht mehr um Mutterschutz und Sexualreform allein, sondern um Menschenschutz allgemein und Friedenssicherung. Sie galt als radikale Pazifistin ohne parteiliche weltanschauliche Bindung. Gewählt in alle maßgeblichen internationalen Vorstände der Friedensbewegung versuchte sie, die Ideen der Selbstbestimmung für alle Menschen einzubringen und Ursachen für die "mörderische Kriegslust" zu finden, damit sie in Liebesfähigkeit verändert werden kann.

1933, nach dem Reichstagsbrand, mußte sie Berlin fluchtartig verlassen, denn sie stand auf der Todesliste der Nazis.

Aus einer Akte der geheimen Staatspolizei von 1937 geht hervor, daß ihr die Reichszugehörigkeit und die Doktorwürde aberkannt wurden. Die Nazis beschlagnahmten ihr Kontoguthaben und sorgten für die Vernichtung ihrer Manuskriptkisten.

Als Helene Stöcker mit 74 Jahren krank, elendig und verarmt in New York bei Friedensfreunden 1943 verstarb, begleitete niemand von den vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern Europas sie zu ihrem Grab. Auch diese waren oft schon erschossen, auf der Flucht oder versteckten sich vor den Nazideutschen.

In der akdemischen Philosophie gibt es bisher keine einzige veröffentlichte Arbeit über Helene Stöcker. Die Arbeit von Annegret Stopczyk-Pfundstein (Philosophin der Liebe) ist die erste. Es gibt zwei historische Dissertationen über sie, mit dem Schwerpunkt, sie als Friedenskämpferin und Gründerin der radikalen Frauenbewegung darzustellen. Ihr philosophischer Hintergrund bleibt dabei nur nebenher bemerkt.

Zur gegenwärtigen Situation der Philosophinnen in Deutschland

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und den USA gibt es in Deutschland an den Universitäten fast keine Frauen auf Philosophielehrstühlen. Nicht ganz 2% Frauen lehren professoral Philosophie in Deutschland. In den USA sollen es um die 30% sein und in Frankreich 10%. Eine genaue Zählung ist aber für Philosophie in Deutschland noch nicht durchgeführt worden, es könnten auch noch weniger Punkte sein.
Ich gehe davon aus, daß seit 1933 das intellektuelle Leben in Deutschland betäubt ist. Das radikale Verschwinden und Vergessen einer Philosophin wie Helene Stöcker, die zu Lebzeiten zur internationalen Prominenz gehörte, erschüttert mich zutiefst. Philosophinnen scheinen nur dann dem maskulinen Gedächtnis zu verbleiben, wenn sie mit einem berühmten Mann in einem Atemzug genannt werden können. Seien es Aspasia und Sokrates, Simone de Beauvoir und Sartre, Hannah Arendt und Jaspers oder Heidegger, Luce Irigaray und Lacan.

Wanderausstellung

"Philosophinnen-Liebhaberinnen der Weisheit" Von der Antike bis heute

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